Eugen Löbl schrieb sein ›Wirtschaft am Wendepunkt‹ bereits Anfang der 70er Jahre. Es ist noch heute hochaktuell, gerade als Grundlage in der Diskussion um ein Bedingungsloses Grundeinkommen.
Löbl war während der Zeit des Prager Frühlings Direktor der Staatsbank in Bratislava und damit
neben Ota Šik einer der führenden Wirtschaftstheoretiker des ›Sozialismus mit menschlichem Antlitz‹. Nach seiner Emigration aus der Tschechoslowakei war er Mitbegründer und mehrere Jahre Mitarbeiter des Instituts für Sozialforschung und Entwicklungslehre im Internationalen Kulturzentrum Achberg und lehrte danach an wirtschaftwissenschaftlichen Fakultäten amerikanischer Hochschulen. Löbl wäre im auslaufenden Jahr 100 Jahre alt geworden.
Schon das folgende Zitat – nur ein kleiner Aspekt aus den in ›Wirtschaft am Wendepunkt‹ behandelten Themen – scheint eher aus der aktuellen Diskussion um die Finanzierung eines Bedingungslosen Grundeinkommens zu stammen, als aus einem vergessenen Buch.
›Lohn- oder Einkommenssteuer wird von Privatpersonen bezahlt, deren Einkommen ein bestimmtes Minimum übersteigt; die Aktiengesellschaften zahlen Körperschaftssteuer und die Haushalte zahlen die Verbrauchssteuer. Gehen wir der Sache aber auf den Grund, dann entdecken wir, daß die Wirklichkeit ganz anders aussieht.
Eine Aktiengesellschaft beispielsweise zahlt nur technisch gesehen Steuern. In Wirklichkeit zahlt sie der Verbraucher, da die Steuern in die Preise der Waren einkalkuliert sind, so daß die Aktiengesellschaft lediglich die mit den Preisen der Produkte eingesammelten Steueranteile an das Finanzamt überweist. ...
... Aus diesem Grund zahlt der Verbraucher sogar die Lohnsteuer, mag diese technisch auch vom Lohnempfänger aufgebracht werden. Nur bezüglich der Verbrauchssteuer ist es unmittelbar einsichtig, daß der Konsument sie zahlt.
Die erste wichtige Erkenntnis, die wir bei der Betrachtung des heutigen Steuersystems gewonnen haben, ist also die, daß die Verbraucherschaft alle Steuern zahlt. ...‹
Wichtiger als seine Betrachtung zur Steuer ist Löbls Beschreibung des Wandels von der Selbstversorgungswirtschaft zur modernen Unternehmenswirtschaft.
Nach wie vor ist seine Darstellung des ›integralen Systems‹ – wie er die heutige verflochtene arbeitsteilige Weltwirtschaft nennt – präzise und nachvollziehbar. Insbesondere zeigt Löbl, dass es sich dabei nicht lediglich um eine quantitative Verbesserung handelt, sondern dass sich der Charakter der wirtschaftlichen Prozesse grundlegend zu einer neuen Qualität entwickelt hat.
Die Konsequenzen, die sich aus dieser als integrales System beschriebenen Wirklichkeit ergeben, sind Grundlage und Voraussetzung dafür, heute über ein Bedingungsloses Grundeinkommen nachzudenken.
Die Anwendung der Wissenschaften auf den Produktionsprozess führte zu einer Produktivität solchen Ausmaßes, dass nur noch ein geringer Teil der Tätigen für die Befriedigung der grundlegenden materiellen Bedürfnisse arbeiten muss. Deshalb kann die Verteilung dieser Konsumwerte nicht mehr über das Erwerbseinkommen erfolgen. Wir haben die Möglichkeit, über eine Entkopplung von Arbeit und Einkommen nachzudenken.
Wir stehen damit gleichzeitig vor der Tatsache, dass zur Erstellung eines jeden Produktes nahezu die gesamte Weltwirtschaft tätig sein muss – einschließlich des angesammelten Wissens und der Fähigkeiten vergangener Generationen. Damit kann der Anteil des Einzelnen an der Wirtschaftsleistung nicht mehr ermittelt werden und eine leistungsgerechte Entlohnung ist unmöglich. Alternativen zur Illusion eines ›Leistungslohnes‹ sind also unumgänglich. Für das Recht auf Teilhabe – denn nichts anderes ist Einkommen – bleibt in einer Demokratie nur das Bedingungslose Grundeinkommen als Basis einer gerechten Verteilung.
Exkurs: In der aktuellen Debatte um die Höhe der Gehälter von Unternehmensführern wird oft
– auch von diesen selbst – der Anschein erweckt, dass sie in besonderer und eigentlicher Weise für den Wohlstand der Gesellschaft verantwortlich seien (siehe z. B. in Spiegel online). Das Buch von Löbl zu lesen und zu bedenken könnte
den Personen, die diese Ansicht hegen, zu einer wirklichkeitsgemäßeren Einschätzung der eigenen Stellung
und Relevanz im integralen System verhelfen.
Eugen Löbl, Wirtschaft am Wendepunkt – Wegweiser in eine soziale Zukunft ohne Inflation und Arbeitslosigkeit;
Achberger Verlagsanstalt und Europäische Verlagsanstalt, Achberg und Köln;
ISBN-10: 3-434-00251-0 |
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»Die stärkste und beste Droge für den Menschen ist der andere Mensch«
Dieses Buch enthält eine Botschaft, die so mancher wahrscheinlich schon intuitiv gespürt hat. Es ist stellenweise beglückend, ausformuliert lesen zu können, dass der Mensch weder eine Genmaschine ist, noch dazu verdammt ist, in Konkurrenz untereinander zu leben. Beim Lesen dieses Buches entsteht in uns ein neues Bild von einem (Mit-)Menschen, dessen primärer Handlungsantrieb die Sehnsucht nach Anerkennung, Zuneigung und Liebe ist.
In der Diskussion über das bedingungslose Grundeinkommen stößt man häufig sehr schnell auf die Kernfragen des Menschen, insbesondere auf die Frage seiner Handlungsmotive. Prof. Dr. Joachim Bauer versucht darauf Antworten zu geben. Er bezieht sich dabei sowohl auf neue experimentell gewonnene Erkenntnisse unter anderem aus der Hirnforschung, als auch auf bereits etabliertes und allgemein verbreitetes naturwissenschaftliches Wissen. Der Autor leitet im Moment die Ambulanz der psychosomatischen Abteilung an der Universität Freiburg, nachdem er drei Facharztausbildungen (Innere, Psychosomatische Medizin und Psychiatrie) absolvierte und in zwei Fächern habilitierte.
In einfacher, auch für den Laien verständlicher Sprache wird dem Leser die Existenz eines Belohnungssystems im menschlichen Gehirn beschrieben. Dieses Gehirnareal setzt bei erhöhter Aktivität vermehrt Botenstoffe (Dopamin, Oxytozin) frei, die in uns ein Gefühl des Wohlbefindens, eine Stärkung des Ich-Gefühls und eine vergrößerte Lebensfreude hervorrufen. Nach diesem Wissen wurde geprüft, welche Ereignisse, Zustände oder auch Substanzen die Potenz haben, dieses Gehirnareal besonders zu aktivieren. Kokain ist zum Beispiel eine Substanz, die genau auf diesem Weg ihre euphorisierende Wirkung entfaltet und so ihr Abhängigkeitspotential verständlich macht.
In Analogie dazu spricht der Autor von der Droge ›Mensch‹, weil durch unterschiedlichste Experimente und Studien bewiesen wurde, dass dieser Gehirnkern auch bei denjenigen Menschen vermehrt aktiv ist, die in funktionierenden Beziehungen leben, oder die Anerkennung oder Zuneigung erfahren. Somit sind wir Menschen von Natur aus dazu angehalten, so zu handeln, dass wir von unseren Mitmenschen anerkannt und als Person gewürdigt werden. Um das Urprinzip der Kooperation in der Natur noch deutlicher zu veranschaulichen, beschreibt Joachim Bauer die Funktionsweise einer Zelle. Das Überleben einer Zelle ist nicht nur auf die Existenz umliegender Zellen angewiesen, sondern auch innerhalb der Zelle agieren die Enzyme in einem komplexen, arbeitsteiligen Prozess, der auf Interaktion und Kooperation fußt. Aus solchen hier nur kurz skizzierten Erkenntnissen leitet Joachim Bauer folgende Forderungen für ein funktionierendes und zufrieden stellendes Zusammenleben der Menschen ab:
»Der Mensch ist – dies ergibt sich aus dem, was in diesem Buch dargestellt wurde – nicht für gesellschaftliche Modelle ›gemacht‹, in denen Kampf und Auslese vorherrschen. Im Rahmen eines Dialogs sollten ›gangbare Strategien‹ erarbeitet werden, mit denen ein gesellschaftliches Leben konstituiert werden kann, das Kooperation zur Grundlage hat. Eine auf Kooperation aufgebaute Ordnung muss die Freiheit des Einzelnen bewahren, sie muss Kreativität und Produktivität nicht nur zulassen, sondern fördern. Oberste Maxime muss jedoch sein, dass Kooperation und Menschlichkeit vor maximaler Rentabilität rangieren.«
Korbinian Fischer
Joachim Bauer, Prinzip Menschlichkeit – Warum wir von Natur aus kooperieren;
Hoffmann und Campe, Hamburg;
ISBN: 978-3-455-50017-2
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